Führt der Wertzuwachs einer Immobilie zu Geldanspruch nach Ehescheidung?

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Im Falle einer Ehescheidung sind die ehelichen Ersparnisse und das eheliche Gebrauchsvermögen aufzuteilen. Immobilien zählen zum sogenannten ehelichen Ersparnis. Jeder Ehegatte bekommt grundsätzlich die Hälfte des Verkehrswerts der Immobilie zugesprochen.

In der Praxis erfolgt der Immobilienkauf jedoch meist unter Zuhilfenahme von Geldgeschenken Dritter oder durch Geldmittel, die noch vor Eheschließung erwirtschaftet wurden. In diesen Fällen ist die Immobilie nicht Gegenstand der Aufteilung und verbleibt jenem Ehepartner, der die Geldgeschenke erhalten oder die vorehelichen Geldmittel angespart hat.

Problematisch erscheint die nacheheliche Aufteilung bei Immobilien, die während aufrechter Ehe einen Wertzuwachs erfahren haben. Der OGH klärte in seiner vor kurzem ergangenen Entscheidung 1 Ob 66/22w die Frage, ob der Wertzuwachs einer Immobilie während aufrechter Ehe als eheliches Ersparnis zu werten ist und dieser Wert daher der Aufteilung unterliegt.

In dieser Entscheidung wurde eine Immobilie während aufrechter Ehe durch Geldgeschenke der Mutter des Ehemannes gekauft. Die Immobilie wurde in weiterer Folge durch die Ehegatten saniert. Der Wert der Immobilie zum Aufteilungsstichtag wurde von den Ehegatten mit einem Wertzuwachs außer Streit gestellt.

Aufgrund der Geldmittel von Dritter Seite (Mutter des Ehemanns), die den Kauf der Immobilie erst ermöglichten, ist die Immobilie gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG von der Aufteilungsmasse grundsätzlich ausgeschlossen. Durch die Sanierung wurde von den Ehegatten jedoch eine wertsteigernde Aufwendung erbracht. Übersteigt diese wertsteigernde Aufwendung durch den Einsatz „ehelicher Mittel“ den damaligen Anschaffungskaufpreis der Immobilie, fällt die Immobilie dennoch zur Gänze unter die Aufteilung.

Übersteigt die wertsteigernde Sanierung den Kaufpreis der Immobilie hingegen nicht, sind im Rahmen der Aufteilung aber jedenfalls die von den Ehegatten gemachten wertsteigernden Aufwendungen zu berücksichtigen. Diese wären entsprechend zu bewerten und unter den Ehepartnern aufzuteilen. Die konkrete Aufteilung erfolgt – wie generell im Aufteilungsverfahren – nach dem gebundenen Ermessen des Gerichts.

Stieg der Wert der Immobilie während der Ehe hingegen nur aufgrund der allgemeinen Marktlage, wird die Wertsteigerung im Aufteilungsverfahren nicht berücksichtigt.

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