Die Tücken der Gewährleistung beim Liegenschaftskauf

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Mann inspiziert

Egal ob Eigentumswohnung, Zinshaus oder Baugrund: Beim Kauf von Immobilien ist die Gewährleistung und Haftung des Verkäufers kaufpreisbildend und damit in mehrerlei Hinsicht entscheidend. Bereits kleine Fehler bei den Vertragsverhandlungen oder bei der Formulierung des Kaufvertrages können zu horrenden wirtschaftlichen Folgen führen. Dies kam zuletzt einer Käuferin teuer zu stehen, die einen Gewährleitungs- und Schadenersatzprozess mit einem Streitwert von über € 1.000.000,00 verlor (OGH 4 Ob 98/20 w).

Die Klägerin erwarb von der Beklagten eine Liegenschaft mit einem Wohnhaus, bei dem die Beklagte zuvor einen Dachgeschoßausbau hatte durchführen lassen. Nach Beschwerden einer Mieterin traten im Zuge einer Öffnung der Dachgeschoßkonstruktion erstmals Errichtungsmängel zutage, deren Behebung die Beklagte verweigerte.

Die Klägerin ging daraufhin gerichtlich gegen die Beklagte vor. Dies aber ohne Erfolg: Im Kaufvertrag hatten die Streitteile nämlich vereinbart, dass die Beklagte dafür Gewähr leistet, dass durchgeführte Umbauten dem Baukonsens entsprechen. Die Vorinstanzen und der OGH legten diese Bestimmung dahingehend aus, dass damit nur die Einhaltung der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne und der Baubewilligung gewährleistet werde, nicht aber die Ausführungsqualität der errichteten Bauten.

Damit haben die österreichischen Gerichte einmal mehr dargelegt, wie wichtig es ist, über das Gewährleistungsrecht informiert zu sein und bei der Formulierung des Kaufvertrages Acht zu geben:

Zum Gewährleistungsrecht im Allgemeinen

Das Gewährleistungsrecht ist – wenngleich nicht in der obigen Entscheidung 4 Ob 98/20 w – die wohl vielversprechendste Anspruchsgrundlage, auf die der Käufer seine Ansprüche auf Verbesserung, Kaufpreisminderung oder Rückabwicklung des Kaufvertrages stützen kann. Dabei ist es nämlich gleichgültig, ob der Verkäufer schuldhaft oder nicht schuldhaft gehandelt hat. Es kommt einzig und allein darauf an, ob ein Mangel, also eine Abweichung des Geleisteten vom vertraglich Geschuldeten, vorliegt. Liegt eine solche Abweichung vor, kann der Käufer einer Liegenschaft binnen drei Jahren seine Gewährleistungsansprüche gerichtlich geltend machen. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt dabei grundsätzlich mit dem Tag der Übergabe des Kaufobjekts; bei Rechtsmängel hingegen erst mit jenem Tag, an dem der Mangel dem Käufer bekannt wird.

Für welche Mängel hat der Verkäufer einzustehen?

 Sofern die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart haben, hat die Liegenschaft den gewöhnlich vorausgesetzten sowie den ausdrücklich und schlüssig vereinbarten Eigenschaften zu entsprechen. Auch die vom Verkäufer in öffentlichen Äußerungen oder in der Werbung, beispielsweise auf Immobilienplattformen, gemachten Angaben hat die Liegenschaft zu entsprechen.

Wird daher beispielsweise ein „Baugrund“ verkauft bzw. gekauft, gewährleistet der Verkäufer neben der Flächenwidmung bzw. Zulässigkeit der Bebaubarkeit grundsätzlich auch ein nicht kontaminiertes Erdreich.

Bei einem Kauf eines bestehenden Gebäudes kann der Käufer nach der Judikatur davon ausgehen, dass eine baubehördliche Bewilligung und eine Benützungsbewilligung bzw. die Möglichkeit zur Erlangung einer solchen vorliegt; andernfalls liegt ein Rechtsmangel vor, der zur Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen berechtigt.

Lediglich jene Mängel und Alterserscheinungen, die nach Bauart und/oder Alter eines Hauses/einer Wohnung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, müssen vom Käufer hingenommen werden. Wird ein neues Haus bzw. eine neue Wohnung verkauft bzw. gekauft, kann der Käufer von einer Neuwertigkeit ausgehen.

Für offenkundige Mängel wird seitens des Verkäufers nicht gehaftet. Das sind solche Mängel, die bei einer Besichtigung vor oder bei Vertragsabschluss in die Augen fallen oder die aus den öffentlichen Büchern, wie etwa dem Grundbuch, ersichtlich sind. Konsenslose oder konsenswidrige Zustände eines Bauwerks sind darunter aber nicht zu verstehen, kann doch einem Laien die Unkenntnis baurechtlicher Bestimmungen nicht vorgeworfen werden.

Was hat der Käufer noch zu beachten?

Die Anwendung des Gewährleistungsrechts kann grundsätzlich ausgeschlossen werden, was die Verkäufer auch regelmäßig anstreben. Wenngleich auch ein umfassender Gewährleistungsausschluss den Verkäufer nicht gänzlich davor schützt, vom Käufer wegen dem Fehlen ausdrücklicher oder schlüssig zugesicherter Eigenschaften belangt zu werden, soll die Vereinbarung eines Gewährleistungsausschlusses vom Käufer nach Möglichkeit nicht akzeptiert werden.

Gleiches gilt im Übrigen auch für andere Anspruchsgrundlagen: Es kann nämlich der Fall sein, dass Forderungen des Käufers zwar nicht auf das Gewährleistungsrecht gestützt werden können, aber auf andere Anspruchsgrundlagen, wie etwa das Schadenersatzrecht oder das Irrtumsrecht.

Vor dem Hintergrund all dieser Aspekte ist der Käufer gut beraten, vor Vertragsabschluss anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Unsere Kanzlei berät Sie hierbei gerne und steht auch für die generelle Abwicklung Ihrer Liegenschaftstransaktionen zur Verfügung.